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Demeter-Imker Alexander Schlotter lehnt auf einem Bienenstock

Wesensgemäße und artgerechte Bienenhaltung

Alexander Schlotter von der Demeter-Imkerei Heinrichsgarten® in Dresden war unser erster Lieferant für unserer unsere Bienenwachstücher und beliefert uns bis heute. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Bienen “wesensgemäß” zu halten. Was das bedeutet, erklärt er in folgendem Gespräch.

Alexander, warum bist Du Imker geworden?

Die Bienenhaltung hat in unserer Familie eine lange Tradition. Aber erst als ich 2003 einen Imker kennenlernte, der auf seinem Balkon in der Dresdner Neustadt Bienen hielt, war ich so fasziniert, dass ich selbst imkern wollte. 2009 fanden wir endlich ein passendes Areal, den Heinrichsgarten, der unserem Honig auch seinen Namen gibt.

Für alle Nicht-Dresdner, was ist der Heinrichsgarten?

Mit der “Entdeckung” unseres 2.400 m² großen Gartens am “Wilden Mann”, einem Stadtviertel im Nordwesten von Dresden, konnte ich 2009 endlich mit der Bienenhaltung beginnen. Während der Urbarmachung erfuhren wir von unseren Nachbarn, wie unser Vorbesitzer – der alte Heinrich – dies und das gemacht hatte. Er wurde dann Namenspate, als ich nach einer klangvollen Bezeichnung für unsere Imkerei suchte. Mittlerweile wird der Begriff auch synonym für unseren Gemeinschaftsgarten verwendet.

Einige Bienenvölker stehen noch immer dort. In der Zwischenzeit sind noch weitere Standorte in und um Dresden hinzugekommen. Heinrichsgarten® ist seit einigen Jahren der eingetragene Markenname für unserer Imkerei und Imkereierzeugnisse.

Als Demeter-Imker arbeitest Du nach strengen Richtlinien, Warum?

Wir Demeter-Imker halten vor allem die Bedürfnisse der Bienen im Blick. Bei uns geht es nicht allein um den Honigertrag, sondern vor allem um das Wohlbefinden der Bienen – aus Achtung vor dem Leben. Bienen haben nämlich von Natur aus andere Ziele als Imker. Das Ziel der Biene ist, sich zu vermehren und den Honig als Wintervorrat zu haben. Das Interesse des Imkers ist, das Vermehren, also das Schwärmen, zu kontrollieren oder sogar zu verhindern, um möglichst viel Honig zu ernten. Wir Demeter-Imker suchen hier einen ausgewogenen Kompromiss in der Bienenhaltung. Im Unterschied zu anderen Imkern sehen wir das Bienenvolk außerdem als einen Organismus, als ein Bienenwesen. Wir nennen es den “Bien”. Jede einzelne Biene ist Teil dieses “Volkskörpers”, der viel mehr ist, als nur eine Summe von Individuen.

Haben die Demeter-Richtlinien auch Einfluss auf die Wachsproduktion?

Die meisten Imker, auch die anderer Bio-Verbände, arbeiten fast ausschließlich mit vorgefertigten Mittelwänden aus Altwachs. Denn es spart den Bienen Zeit und Energie, wenn sie ihre Waben nicht selber bauen müssen und dabei auch noch Honig verbrauchen. 

Bei Demeter ist im Brutraum, also dort, wo die Jungbienen aufwachsen, Nahrung gespeichert wird, und wo die Bienen den Hauptteil des Jahres verbringen, ausschließlich Naturwabenbau erlaubt. Lediglich in den Honigräumen, die nur zeitweilig benutzt werden, dürfen vorgefertigte Mittelwände als Basis für den Wabenbau verwendet werden. Das ist ein Kompromiss zwischen komplettem Naturwabenbau und dem sonst üblichen, ertragsorientierten Einsatz von Mittelwänden im Bienenstock. Und natürlich Lichtjahre entfernt von dem Einsatz kompletter Kunststoffwaben, wie man sie hin und wieder in der konventionellen Imkerei sieht.

Welchen Vorteil hat der Naturwabenbau für das Bienenvolk?

Bienenwachs ist ein Stoffwechselprodukt aus den Wachsdrüsen der Baubienen. Die Waben wachsen im Grunde aus der Bienentraube des Schwarms heraus. Die Bienen entscheiden selbst, wie groß die einzelnen Zellen werden und in welcher Anordnung sie vorkommen. Waben kann man als das Skelett des Bien verstehen. Sie erst geben dem Flüchtigen des Schwarms einen Körper, ohne den der Bien nicht leben kann. Diese Individualität ist mit standardisierten Mittelwänden nicht möglich. Der Imker greift lediglich geringfügig regulierend ein, damit die Bearbeitung des Volkes möglich bleibt.

Durch den Naturwabenbau starten Schwärme im Grunde immer in einer leeren Kiste mit ganz jungfräulichem Wachs völlig neu. Das wirkt sich natürlich positiv auf die Gesundheit aus.

Was ist unter dem sogenannten Wachskreislauf oder der Wachsschleife zu verstehen? 

Es gibt bei Demeter zwei Wachsqualitäten. “Wachs 1” bezeichnet das Naturwabenwachs und das Entdeckelungswachs, also das Wachs, das während der Honigernte von den Waben abgeschnitten wird. Dieses, von den Bienen komplett selbst erzeugte “Wachs 1” darf ich als Demeter-Imker zu Mittelwänden umarbeiten.

Wenn ich aber eine Wabe einschmelze, die eine Mittelwand enthält, in der also schon mal gebrauchtes Wachs drin ist, dann muss dieses Wachs ausgemustert werden. Dieses “Wachs 2” wird dann beispielsweise für Bienenwachstücher verwendet. Man spricht daher von einer Wachsschleife oder von einem offenen Wachskreislauf, weil das Wachs nur ein wiederholtes Mal durch den Bienenstock geht und dann wieder verschwindet.

In konventionellen Imkereien wird das Altwachs mitunter vielfach wiederverwendet, um daraus immer wieder Mittelwände herzustellen. Dieser sogenannte geschlossene Wachskreislauf findet indirekt auch dann statt, wenn Imker ihr Altwachs abgeben und gegen neue Mittelwände eintauschen, die wiederum aus abgegebenem Altwachs bestehen. In solchem Altwachs sammeln sich unter Umständen über Jahrzehnte alte Schadstoffe an, weil Wachs bestimmte Chemikalien speichert. Wachs ist sozusagen das Langzeitgedächtnis des Bienenvolkes.

Warum spricht man bei Bienen von wesensgemäßer Haltung statt von artgerechter. Gibt es Unterschiede? 

Vordergründig betrachtet meinen wesensgemäße und artgerechte Bienenhaltung dasselbe. Bei genauerer Betrachtung gibt es allerdings Unterschiede, denn der Impuls zu dieser Bezeichnung kommt aus dem anthroposophischen Bereich. Wie schon erklärt, versteht die biologisch-dynamische Landwirtschaft ein Bienenvolk – einschließlich seiner Waben – als einen Organismus, den Bien. Doch nicht jeder, der vom Bien spricht, hat die Ganzheit eines Organismus vor Augen. Jeder Bien hat sein eigenes Wesen, seinen Charakter. Wenn ich an eines meiner Völker herangehe und den Deckel des Bienenstocks öffne, dann weiß ich schon, wer mich erwartet.

Der Begriff “wesensgemäß” ist relativ weich und ohne eindeutige Definition. Gemeint ist aber weder eine rein bienenzentrierte, noch eine rein ertrags- und imkerzentrierte Bienenhaltung. Es geht um einen Dialog zwischen Bien und Mensch zum Austarieren der beiderseitigen Bedürfnisse. Es geht also um ein immer wieder zu suchendes Gleichgewicht in dem, wie der Verein für wesensgemäße Bienenhaltung, De Immen e.V., es ausdrückt, “die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse dem Wohlbefinden und der Integrität des Biens nicht schaden darf.”

Lieber Alexander, danke für dieses Gespräch.

Die Bienen der Imkerei Heinrichsgarten® sammeln in Pieschen/ Trachenberge, im Großen Garten, Wildsruff, Klipphausen und Radebeul. Honig, Propolis und andere Spezialitäten findet Ihr unter www.heinrichsgarten.de

Fotos © Imkerei Heinrichsgarten®, Alexander Schlotter