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Nachhaltig Reisen

Nachhaltig reisen: Urlaubst Du noch oder reist Du schon?

1.000.000.000.000 kg (1 Billion) an klimaschädlichen Emissionen werden alleine durch den Tourismus verursacht. Das entspricht rund 5% der gesamten weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Davon wiederum werden 40% durch Flugreisen, 32% durch Autoverkehr und 21% durch die Unterkünfte verursacht. (Quelle: Umweltbundesamt)

Als wäre das noch nicht genug, kommen viele weitere negative Auswirkungen hinzu: Der Verbrauch an Wasser, Flächen und Gütern am Urlaubsort, das Abfallaufkommen und der daraus resultierende Verlust der ⁠Biodiversität⁠. Außerdem kommt es vielfach zur Ausbeutung der Bevölkerung durch Hungerlöhne oder gar Kinderarbeit. 

Die Branche ist riesig und wächst ständig weiter. 2017 machten die Deutschen

  • 70 Millionen Urlaubsreisen (von mehr als 5 Tagen),
  • 80 Millionen Kurzreisen (unter 5 Tagen)

und gaben dafür rund 90 Milliarden Euro aus. Ein Großteil der Urlaubsreisen ging ins Ausland und das sehr häufig mit dem Flugzeug. 

Heißt sich nachhaltig zu verhalten, wirklich immer automatisch auch Verzicht üben?

Wir sollen auf Fleisch, Milchprodukte, ständig neue Klamotten oder das modernste Smartphone verzichten und nun auch noch auf unseren wohlverdienten Urlaub? Oder zumindest auf die Bequemlichkeit beim Urlauben, den übermäßigen Konsum und das Abenteuer? Aber haben wir uns die „schönsten Wochen im Jahr“ nicht hart erarbeitet und eigentlich auch verdient? 

Natürlich haben wir! In unserem Beitrag wollen wir daher der Frage nachgehen, wie man verreisen kann, ohne der Umwelt zu sehr zu schaden und ohne dabei im eigentlichen Sinne auf etwas verzichten zu müssen.

Verzicht hat immer einen bitteren Beigeschmack. Aber ist es eigentlich wirklich Verzicht? Oder ist es vielmehr “Jammern auf sehr hohem Niveau”? Müssen wir einfach unseren Mindset anpassen und nicht darüber nachdenken, auf was wir verzichten müssen, sondern vielmehr, was wir dazugewinnen? 

Verzichten wir wirklich auf etwas, wenn wir nicht in Mallorca am Strand liegen und dafür bei Freunden im Garten? Verzichten wir tatsächlich auf unsere Individualität, wenn wir anstatt durch Puerto Rico zu reisen durch die Bretagne radeln? Das Hinwenden zum Reisen – anstelle einfach “nur” Urlaub zu machen – ist der Weg, den wir Euch aufzeigen wollen, um nachhaltiger zu sein und dabei auf nichts wirklich verzichten zu müssen … im Gegenteil!

Worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen Urlaubern und Reisenden?

Da es keine allgemeingültige Definition dieser beiden Begriffe gibt, möchten wir Dir hier unsere ganz persönliche Vorstellung vom Reisen und den Unterschied zum Urlaub machen näherbringen. Es muss allerdings auch ganz klar gesagt werden, dass manchmal die Übergänge fließend sind und auch Reisende sich nicht immer vollkommen umweltfreundlich verhalten. 

Was sind Urlauber?

Unter Urlauber verstehen wir (und sicher auch viele von Euch) die Menschen, die zumindest einmal im Jahr Entspannung, Abwechslung, ein Raus-aus-dem-Alltagstrott und ein über-Nichts-Nachdenken-müssen anstreben. Sie wollen ihr normales Leben für einen Moment hinter sich lassen und sich um nichts kümmern müssen. Sie wollen nicht kochen, sondern am besten per Vollpension versorgt werden. Sie wollen nichts organisieren müssen und am besten eine Pauschalreise buchen. Sie wollen die Welt sehen und dabei alle Annehmlichkeiten mitnehmen.

Grundsätzlich ist das auch gar nicht verwerflich. Schön wäre, wenn man dann wenigstens ein umweltfreundliches Resort bucht und mit dem Zug anreist, anstatt in einen Club nach Marokko zu fliegen oder die AIDA zu buchen.

Was sind Reisende?

Reisenden geht es nicht um ein Entfliehen aus dem Alltag. Sie verfolgen einen vollkommen anderen Ansatz. Reisende denken als erstes an die interessante Zeit, die auf einer Reise auf sie zukommen wird, an die neuen Erfahrungen und Erlebnisse, an das Kennenlernen neuer Menschen, neuer kulinarischer Genüsse, wunderschönen Naturerlebnissen, Regionen und Kulturen. 

Dampf rausnehmen

Reisen heißt auch immer Dampf rausnehmen, sich langsam zu bewegen und vor allem mehr Zeit mitzubringen. Man kann einfach nicht in 2 Wochen wirklich reisen. Unter dem Motto “Der Weg ist das Ziel”, verzichtet man beim Reisen weitestgehend auf schnelle Transportmittel und nimmt stattdessen den Zug, Busse, das Auto oder auch das Fahrrad. 

Hier noch einmal kurz zur Auffrischung: Pro Person und Kilometer verursacht man folgende CO2-Emissionen in Gramm: Flugzeug im Inlandsverkehr 284Auto 152Zug im Fernverkehr 50Reisebusse 36Linienbus Fernverkehr 27 Ein regelmäßig verkehrender Fernbus verursacht demnach gerade einmal ein Zehntel der Emissionen eines Flugzeugs. (Quelle: Bundesumweltamt)

Auch Flugreisen sind OK

Man darf beim Reisen auch mal das Flugzeug nutzen. Immerhin ist es wichtig, auch weiter entfernte, fremde Kulturen, Länder, Sprachen und Gebräuche kennenzulernen. Wichtig hierbei ist die Verhältnismäßigkeit. Nur wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt, wird geflogen und der Flug zudem CO2-mäßig über Anbieter wie z.B. atmosfair oder myclimate, kompensiert. In vielen Fällen denkt man aber auch nur, es ginge nicht ohne Fliegen, dabei kann man auch nach Asien durchaus mit dem Zug, etc. reisen. Hierfür braucht man aber eben einfach deutlich mehr Zeit.

Raus aus dem System

Ein Reisender sagt dem bestehenden System Adieu. Jemandem der wirklich reisen will, ist es nicht wichtig, den billigsten Tarif zu finden, das preiswerteste (und daher meist minderwertige) Essen, die schnellste Verbindung und die komfortabelste Hotelanlage. Natürlich soll und muss man beim Reisen auch auf sein Geld achten – aber eben auf anderen Wegen. Es kann aber auch einfach nur bedeuten, dass man weniger oft verreist, es dafür dann aber auch richtig tut.

Anstatt alles einem Urlaubsveranstalter zu überlassen und faul am Beach zu liegen, geht es beim Reisen um das Erleben und um Spontanität. Alleine dadurch wird man unvergessliche Erinnerungen mitnehmen, die einem bei einer Pauschalreise verwehrt bleiben. Wenn man mit Händen und Füßen versucht, dem spanischen Bahnticket Verkäufer zu erklären, dass man zwei Tickets für den nächsten Tag kaufen möchte und eine Mann, die selbst für ein Ticket ansteht, einspringt, seine kleinen Brocken Deutsch hervorgekramt und hilft, die Situation zu klären und man ihn anschließend auf einen Kaffee einlädt und quatscht, dann hat man Land und Leute sicherlich viel besser kennengelernt, als wenn von vornherein alles organisiert gewesen wäre. 

Auch in der Gruppe kann sinnvoll sein

Raus aus dem System heißt nicht zwingend immer nur, dass Individualurlaub am besten ist. Es gibt durchaus auch Argumente für das Verreisen mit spezialisierten Veranstaltern. Meint man nämlich mit Individualität auch den letzten Winkel unberührter Natur erkunden zu müssen, ist im Zweifel eine unter Nachhaltigkeitsaspekten zusammengestellte Pauschalreise eines grünen Anbieters zu bevorzugen.

Das Besondere schätzen

Eine Reise erlebt man als etwas wahrlich Besonderes und nicht als Selbstverständlichkeit. Ebenso wie früher der Sonntagsbraten eine Besonderheit war (und die meisten heutzutage fast täglich Fleisch essen) besinnt sich der Reisende auf das Schätzen des Privilegs, reisen zu können. 

Relaxen kann man auch im Garten oder dem örtlichen Freibad

Da es, wie gesagt, Urlaubern eher um das Entfliehen aus dem Alltag geht, dem reinen Entspannen und Erholen, kann man leicht argumentieren, dass sie dies auch bei Freunden oder der Familie im Garten, im örtlichen Freibad oder auch an der holländischen See machen könnten. Muss man dafür wirklich nach Mallorca oder gar in die Karibik fahren? 

Leidenschaft und Interesse 

Einem Reisenden ist es viel wichtiger, seinen Interessen nach zu gehen und ein Reiseziel zu wählen, dass ihn reizt und von dem er mehr erfahren möchte … und es nicht auszusuchen, weil die Angebote dorthin besonders billig sind. Man sollte für eine Reise brennen und Leidenschaft aufbringen, sein Wissen erweitern und über den Tellerrand hinausschauen. Das bedeutet im Übrigen nicht, dass man die offensichtlichen Sehenswürdigkeiten abklappert, sondern wirklich in das Leben eintaucht und sich treiben lässt. 


Frage Dich immer zunächst, was Du von der Reise erwartest und treffe dann Deine Entscheidung zum Reiseziel

Anstatt zu sagen: “Ich will nach Amerika”, wäre es wünschenswert sich eher eine der folgenden Fragen stellen: “Was suche ich? Was erwarte ich von der Reise? Welche Bedürfnisse habe ich wirklich? Was will ich mit der Reise bezwecken?

Bei der Beantwortung dieser Fragen stellst Du vielleicht fest, dass diese Erwartungen und Bedürfnisse auch viel näher in gleicher Weise oder gar besser erfüllt werden können. Hier einige Beispiele, die Dir das weiter verdeutlichen sollen: Du suchst/möchtest …

… Ruhe und Erholung

Ruhe und Erholung findest Du auch wunderbar auf dem eigenen Balkon, bei Freunden im Schrebergarten, auf einer Fahrradtour mit Freunden oder einer hübschen Wanderung mit dem Partner durch einen nahegelegenen Wald. 

… Stille und Selbsterfahrung

Auch wenn Du nicht christlich bist, kannst Du es dem Vater des Christentums, des Judentums und des Islams, Abraham, nachmachen und einen der unzähligen Pilgerwege erwandern. Alleine in Deutschland gibt es Dutzende Pilgerwege, die einen durch tolle Natur bringt und Dich vollkommen abschalten lassen

Auch Klöster und andere spirituelle Zentren bieten die perfekte Umgebung für ein In-Sich-Kehren und kontemplieren. 

… Leute treffen und/oder neue Leute kennenlernen

Es gibt unzählige Angebote von nachhaltig organisierten Gruppenreisen, bei denen gemeinsam gemalt, Sport getrieben, Kurse gegeben oder Yoga gemacht wird. Schließe Dich einen dieser Reisen an – innerhalb Deutschlands oder auch mit dem Bus im benachbarten Ausland. 

… Feiern und Spaß haben

Auch für Menschen die Spaß suchen und feiern wollen, gibt es durchaus nachhaltige Angebote. Wählt Ziele und Clubs, die man leicht mit dem Zug oder dem Fernreisebus erreichen kann und die nachhaltige Unterkünfte und nachhaltige Clubs anbieten. 

… Deinen Status verbessern

Auch wenn Dir sicherlich klar sein sollte, dass das kein erstrebenswertes Ziel eines Urlaubs sein darf, gibt es genügend Leute, die genau aus diesem Grund in die USA, die Karibik oder nach Thailand reisen. Vielleicht solltest Du dieses Ziel aber noch einmal überdenken und an dem Problem selbst arbeiten. 

… Abenteuer erleben

Statt Bungee-Jumping in Neuseeland könntest Du im Allgäu rafting gehen (wobei Du aber bitte auf Brutzeiten und den allgemein umweltverträglichen Umgang mit der Natur achten solltest), statt mit dem Speedboot durch die Everglades in Florida zu rasen, ist eine Hausboot Tour auf der Loire sicher ebenso abenteuerreich, wenn auch auf andere Weise. Statt einer Motorradtour zum Ayers Rock wirst Du ganz bestimmt viel Abenteuerliches bei einer Fahrrad- und Klettertour im Sächsischen Elbsandsteingebirge erleben. 

… Frei sein

Du willst Dich frei fühlen? Kein Problem. Dafür musst Du aber sicher nicht erst nach Feuerland reisen. Zu Zweit oder Dritt einen Camper zu mieten und Europa zu erkunden wird Dir sicher ebenso ein Gefühl der Freiheit vermitteln. Hier nochmal ein kleines Zahlenspiel: Bei dem Flug nach Feuerland (Flug München-Ushuaia) würden bei zwei Personen 17.294 kg CO₂ Emissionen entstehen (Quelle: atmosfair). Mit einem voll ausgelasteten, mittelgroßen Camper verbrauchst Du laut Dekra im Mittel 300 gr/km und könntest somit knapp 60.000 km kreuz und quer durch Europa fahren. 


Nachhaltig reisen: Vom Großen zum Kleinen

In allererster Linie müssen wir unsere Einstellung zum Wegfahren an sich ändern – weg vom unüberlegtem Urlaub machen, hin zum richtig Urlaub machen und Reisen. Wir dürfen das Fliegen nicht mehr als Errungenschaft unseres Wohlstands und als Selbstverständlichkeit betrachten, sondern vielmehr das Besondere darin erkennen. 

Richtig Urlaub machen bedeutet, dass man auch mal alle Viere von sich strecken darf und sich verwöhnen lassen. kann. Solange man einige Grundlagen beachtet, wie die Wahl des richtigen Hotels, die Wahl eines nachhaltigen Reiseveranstalters und vor allem die Wahl des richtigen Transportmittels in den Urlaub ist das vollkommen in Ordnung und nachvollziehbar. 

Bewusstes Reisen bedeutet immer automatisch auch nachhaltiges Reisen. Wenn man am Ende noch einen draufsetzen möchte, haben wir einige kleine Tipps zusammengestellt, die am unteren Ende der Möglichkeiten, einen zusätzlichen, guten Einfluss auf das Weltklima haben: 

  • Wähle Dein Hotel bewusster aus: Schaue nach Umweltsiegeln, Bio-Hotels, klaren Standpunkten des Hauses zum Thema Nachhaltigkeit und Erfahrungen von anderen Reisenden. 
  • Reise virtuell: Wirklich genial sind die immer spannenderen, individuellen und ausgefallenen Angebote im Bereich des virtuellen Reisens – auch mit VR Brillen. 
  • Halte Deine Reise nachhaltig fest: Anstatt Deinen virtuellen Fotospeicher zu belasten (denn auch das verbraucht eine Menge Ressourcen), mach ein hübsches Fotobuch (aus FSC® zertifiziertes Fotopapier), in das Du auch Tickets und anderen Andenken einkleben kannst. 
  • Sei ein Vorbild: Wenn sich die Gelegenheit ergibt – es geht hier nämlich nicht um Besserwisserei oder das organisierte Missionieren – könntest Du an Deinem Urlaubsort einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Leider gibt es viele (meist ärmere) Länder, für die Umweltschutz und Nachhaltigkeit kaum eine Bedeutung hat und wo überall Plastikmüll herumliegt. Leider entsorgen einige Industrienationen, wie auch Deutschland, ihren Plastikmüll genau in diese Länder wie z.B. Malaysia oder die Türkei.  Sprich andere Urlauber an und organisiere eine Strand- oder Waldreinigung, sprich mit den Menschen über Möglichkeiten der Müllvermeidung und schau nach Aktionen örtlicher NGOs oder Deinem Hostel und mache dabei einfach mit. 

Fazit

Jeder muss sich fragen: Wie viel mute ich der Welt eigentlich noch zu und steht das persönliche Erlebnis im Verhältnis dazu? Feiern muss ich nicht unbedingt auf Mallorca, Ruhe und Erholung finde ich eigentlich überall, ohne dafür in einen Flieger zu steigen. Ja, es gibt durchaus Gründe, in den Urlaub zu fahren oder auch zu fliegen. Dennoch brauchen wir ein anderes Verhältnis zu diesen aufwendigen Reisearten. 

Natürlich bist Du kein Neuling im Bereich der Nachhaltigkeit. Wir hoffen dennoch, Dir einige neue Ideen und Blickwinkel mit unserem Beitrag mitgeben zu können, damit Dein nächster Urlaub zu einer wahren Reise oder einem bewussteren Urlaub wird. Unsere Lunchbag, die natürlichen Seifen und Bienenwachstücher können Dir dabei sicher gute Dienste erweisen und Dir und Deinem Reisepartner zusätzliche, nachhaltige Freude bereiten.